Der Untergang der Dorsche und Heringe
Auf Rügen, Fehmarn oder am Timmendorfer Strand tummeln sich Jahr für Jahr Tausende von Touristen. Die Ostsee boomt und lädt mit ihren idyllischen Stränden zum Baden, zu ausgedehnten Spaziergängen oder Aufenthalten im Strandkorb ein. Unter Wasser ist die Idylle jedoch ganz schnell vorbei. Laut der „Zeit“ oxidieren auf dem Meeresgrund der Ostsee Restbestände aus beiden Weltkriegen, die Wassererwärmung setzt ihr zu, Nitrate, Phosphate und Stickoxide vergiften das Wasser. Und die Fischbestände sind durch kommerzielle Fischerei am Boden. Besonders düster sieht es bei den Beständen von Dorsch und Hering aus.
Rigorose Vorgaben notwendig
Der Fischereiwissenschaftler Rainer Froese vom Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel hat im Oktober deshalb die Politik aufgefordert, den Fang von Dorsch und Hering in der Ostsee inklusive aller Beifänge komplett für mindestens ein Jahr zu stoppen – besser für zwei oder drei Jahre. Dies scheint tatsächlich die einzige Chance für die stark gefährdeten Fische zu sein. Laut Froese würden diese gefangen, bevor sie sich fortpflanzen können. Mit Grundschleppnetzen würden ihre Futter- und Laichgebiete zerstört, durch Überdüngung entstünde in vielen Meeresgebieten Sauerstoffmangel und ihre Lebensräume schrumpften.
Alle Warnungen in den Wind geschlagen
Mit seiner Forderung steht Froese nicht allein da: In einer gemeinsamen Mitteilung hatten mehrere Umweltverbände - darunter der WWF, BUND und die Deutsche Umwelthilfe – erklärt, dass die geplanten Fangmengen für 2026 das Ökosystem Ostsee gefährdeten. Auch die Europäische Kommission hatte im Sommer empfohlen die Fangmenge für den westlichen Hering zu halbieren und beim westlichen Dorsch um 84 Prozent zu senken. Der Internationale Rat für Meeresforschung (ICES) plädierte sogar für eine komplette Einstellung der Heringsfischerei, was auch die kleine Kutter- und Küstenfischerei mit ihren Ausnahmeregelungen einschließen würde. Zumindest die Schleppnetzfischerei auf Hering ist bereits seit mehreren Jahren verboten.
Als Ende Oktober in Luxemburg die Fangquoten ausgehandelt wurden, sahen die EU-Staaten dies jedoch offenbar anders; die höheren Fangquoten blieben bestehen. Ohne Worte: Auch Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer (CSU) unterstützte den Beschluss, indem er erklärte, die Fischerei sei „ein einzigartiges Kulturgut und ein Stück Heimat“ und diese Entscheidung „eine Balance zwischen Schutz und Nutzung der Fischbestände“.